Hat das Handwerk wirklich goldenen Boden? Diese Frage sollten sich Handwerker aller Sparten vor einer Existenzgründung in jedem Fall stellen. Aber grundsätzlich spricht nichts dagegen, die eigenen Fähigkeiten auch selbstständig zu nutzen. Die Selbstständigkeit kann vielerlei Vorteile bieten, wenn sie gut vorbereitet ist.

Die Handwerksordnung

In der Handwerksordnung ist unter anderem geregelt, wer welches Handwerk selbstständig ausführen darf. Vor allen anderen Fragen, die im Rahmen einer Existenzgründung zu klären sind, sollte sich der Gründer definitiv sicher sein, dass er seine geplante selbstständige Tätigkeit auch ausführen darf.

Die Meisterpflicht

Wer als Existenzgründer im Handwerk die Meisterprüfung erfolgreich abgelegt hat, kann in die Handwerksrolle eingetragen werden und ist damit berechtigt, sein Handwerk selbstständig auszuführen. Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeister erfüllen somit die Grundvoraussetzung für eine selbstständige Tätigkeit.

In der Handwerksordnung ist genau vermerkt, welche Handwerke nur mit Meisterbrief ausgeführt werden dürfen und in welchen Handwerkszweigen sich auch ein Geselle oder ungelernte Existenzgründer selbstständig machen dürfen.

Typische meisterpflichtige Handwerke sind das Kfz-Gewerbe, der Maurer oder der Elektriker. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass für bestimmte handwerkliche Tätigkeiten eine besondere Qualifikation notwendig ist, die nur durch die Meisterprüfung nachgewiesen werden kann.  Doch die Situation ist komplexer als zunächst gedacht. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Bestrebungen, die strenge Handwerksordnung aufzuweichen. Ein klassisches Beispiel hierfür ist der Fliesenleger. Seit einigen Jahren ist die Meisterpflicht in diesem Gewerbe aufgehoben, dennoch gibt es immer wieder Stimmen, die eine Rückkehr zur Meisterpflicht fordern.

Neben der Meisterpflicht gibt es noch die Altgesellenregelung. Wer sechs Jahre als Geselle tätig war und davon vier Jahre in leitender Position, kann einen Antrag stellen, in einem eigentlich meisterpflichtigen Gewerbe selbstständig tätig zu sein. Die Formulierung ist schwammig, häufig wehren sich auch die Handwerkskammern gegen unliebsame Konkurrenz ohne Meisterbrief. Fazit: Die Lage in Sachen Meisterpflicht ist unübersichtlich, aber nicht aussichtslos. Existenzgründer sollten nicht sofort aufgeben, wenn sie keinen Meisterbrief besitzen. Langjährige Berufserfahrung als Geselle kann hilfreich sein, die leitende Tätigkeit ist nicht immer leicht nachzuweisen.

Der Businessplan

Niemand kann in die Zukunft sehen. Dennoch ist ein Businessplan sinnvoll, denn er zeigt nicht, wie sich eine selbstständige Tätigkeit in Zukunft entwickeln wird, sondern welche Voraussetzungen für eine erfolgreiche Gründung notwendig sind. Der Businessplan erfasst sämtliche Kosten, die im angestrebten Gewerbe entstehen werden. Fahrtkosten zum Kunden sowie die Kosten für das dafür notwendige Fahrzeug sind dort ebenso aufgelistet wie Kosten für notwendige Versicherungen oder die Kosten für Mitarbeiter. Natürlich nicht zu vergessen die Investitionskosten, egal, ob es sich dabei um einen Computer, einen Hobel, einen Akku-Schrauber oder eine Bohrmaschine handelt.

Den Kosten werden im Businessplan die Einnahmen gegenübergestellt. Diese ergeben sich aus eventuellen Verkaufserlösen, etwa von Baumaterial, bei dem der Handwerker dem Kunden gegenüber eine Gewinnspanne einbehält, im Falle der Handwerksberufe dürfte der größte Teil der Einnahmen aus den in Rechnung gestellten Arbeitskosten bestehen.

Weiterhin wird im Businessplan geschätzt, wie sich die selbstständige Tätigkeit in den ersten Jahren wahrscheinlich entwickeln wird. Dabei wird üblicherweise davon ausgegangen, dass das junge Unternehmen nicht sofort voll ausgelastet sein wird. Es dauert in der Regel eine Weile, bis Kunden in ausreichender Zahl gewonnen werden.

Diese wirtschaftliche Vorausschau ist eng verknüpft mit einer Analyse des engeren oder weiteren Umfeldes, in dem ein Unternehmen gegründet werden soll. So wird ein neuer Friseursalon in einem Dorf mit eher wenigen Einwohnern kaum überleben können, wenn dort bereits ein Salon mit gutem Ruf und breitem Kundenstamm ansässig ist. Übernimmt eine Existenzgründerin oder ein Existenzgründer hingegen einen solchen Salon mit vorhandenem Kundenstamm zu einem angemessenen Preis, stehen die Chancen für dies Neugründung recht gut.

Die Finanzierung

Ganz ohne Geld lässt sich kaum ein Unternehmen gründen. Allerdings liegen die zwingend notwendigen Investitionen in den verschiedenen Handwerkszweigen unterschiedlich hoch. Ein Maler und Lackierer kann erste Aufträge bereits dann ausführen, wenn er einen Tapeziertisch, einige Pinsel, Leitern und ein einigermaßen geräumiges Auto sein eigen nennt. Im Kfz-Gewerbe müssen in der Regel wesentlich kostspieligere Werkzeuge, etwa eine Hebebühne, angeschafft werden; zudem benötigt eine Werkstatt zwingend notwendig einen geeigneten Raum, der angemietet werden muss.

Jeder Gründer sollte somit zunächst möglichst lückenlos auflisten, welche Gerätschaften er für seine Arbeit braucht. Nicht alles muss neu gekauft werden, in Zeiten des Internet können viele, auch hochwertige Werkzeuge, günstig gebraucht angeschafft werden. Ein fundierter Businessplan errechnet eine verlässliche Investitionssumme, auf die der Gründer zum Start seiner Geschäftstätigkeit angewiesen ist. Banken und Sparkassen finanzieren Neugründungen dann, wenn sie davon ausgehen können, dass die geplante Geschäftstätigkeit langfristig erfolgreich sein wird. Denn dann ist der Kreditnehmer in der Lage, den gewährten Kredit problemlos zurückzuzahlen. Ein guter und seriöser Businessplan kann beim Gespräch mit der Bank gute Dienste leisten. 

Gesunde Risikoeinschätzung

Auch bestens geplante Existenzgründungen können scheitern, ohne dass der Gründer versagt hätte. Deshalb ist es wichtig, gerade bei der Frage der Finanzierung nicht alles auf eine Karte zu setzen. Ein eher bescheidenes, aber kontinuierliches Wachstum lässt sich häufig bereits mit einem überschaubaren Kredit finanzieren. Nicht jede Investition ist in der Gründungsphase notwendig, manche Anschaffung kann zunächst verschoben werden und dann eventuell ganz oder teilweise aus dem erwirtschafteten Gewinn finanziert werden. Besondere Vorsicht ist bei der Personaleinstellung geboten. Fest angestellte Mitarbeiter stellen eine erhebliche finanzielle Belastung dar, deshalb muss unbedingt gewährleistet sein, dass das Unternehmen in der Lage ist, die entstehenden Personalkosten auch dauerhaft zu erwirtschaften.

Beratung und Begleitung in der Gründungsphase

Unternehmensberater haben nicht unbedingt den besten Ruf. Existenzgründer sollten dennoch eine fachkundige Beratung in Erwägung ziehen. Ansprechpartner sind die Handwerkskammern, aber auch unabhängige Unternehmensberater. Ein guter Berater setzt sich für seine Kundinnen und Kunden ein, ist kompetent und – warnt sie, wenn er der begründeten Ansicht ist, dass das Geschäftsmodell kaum Aussicht auf Erfolg hat. Andererseits zeichnen sich gute Berater dadurch aus, dass sie ihren Kunden Mut machen und ihnen helfen, selbst zunächst unüberwindlich scheinende Hürden zu meistern. In enger Zusammenarbeit mit ihren Kunden, erstellen sie einen fundierten Businessplan, auf Wunsch führen sie gemeinsam mit dem Existenzgründer auch die zur Finanzierung notwendigen Bankgespräche.

Fördermöglichkeiten – von der Arbeitslosigkeit zur Existenzgründung

Arbeitslosigkeit kann eine Chance zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit im Handwerk sein. Die Arbeitsagenturen fördern den Weg in die Selbstständigkeit mit dem Gründungszuschuss. Diesen Zuschuss gibt es für Empfänger von Arbeitslosengeld I und II (Hartz IV). Er liegt bei Beziehern von Arbeitslosengeld I höher als beim Arbeitslosengeld II, trotzdem kann er den Weg in die Selbstständigkeit erheblich erleichtern. Hinzu kommen Fördermöglichkeiten durch die KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau), eine Art staatliche Bank, die über das KfW Startgeld günstige Kredite vergeben.

Geförderte Beratung auf dem Weg in die Selbstständigkeit

Wie bereits erwähnt, macht es durchaus Sinn, sich auf dem Weg in die Selbstständigkeit professionellen Rat zu holen. Die einzelnen Bundesländer bieten Existenzgründern kostenlos eine umfassende Beratung an. Dabei handelt es sich in der Regel nicht um staatliche Stellen, sondern um zertifizierte Unternehmensberater. Fazit: Der Weg in die Selbstständigkeit im Handwerk ist eine echte Chance Aller Anfang ist schwer, und der Weg in die Selbstständigkeit mag manchem potentiellen Existenzgründer allzu unübersichtlich erscheinen.

Davon sollten sich zukünftige selbstständige Handwerker aber nicht abschrecken lassen. Denn ein eigenes Unternehmen, und sei es auch nur ein Einmannbetrieb, kann durchaus finanziell lukrativ sein. Oft ist die Arbeit als selbständige Unternehmerin oder selbständiger Unternehmer befriedigender und motivierender als der vermeintlich sichere Job als Angestellter. Gefragt sind fachliche Kompetenz, Durchsetzungskraft und Ausdauer. Eine realistische Einschätzung der Chancen und Risiken sind mindestens genauso wichtig wie das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und die eigene Idee.

 

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